Leseprobe aus „Klasse“- über die agnotologischen Strategien der Grundschulpolitik und ihre desaströsen Folgen

(Seite 164) »Ich erzähl euch jetzt, wie das Profitgier-Virus eines Tages nach der deutschen Schul-Idylle griff, sich klammheimlich überall andockte und wie die drastische Denk-Drosselung in Deutschland begann.« Gerd ist in seinem Element.»Irgendwer hatte das Virus eingeschleppt. Wirklich irgendwer? Oder wurde es als Schulbildungsvermarktungsidee aus den USA zu uns herübergeschwappt? Egal. Das Grundbildungsvernichtungsvirus mutierte schnell und zwang unsere arglose Schulwelt (viele Lehrerinnen, Lehrer und Eltern waren damals noch genauso gutgläubig wie heute) ganz langsam in die Knie und dann ungebremst in die Lerninsolvenz. Der Plan ging auf. Welcher Plan? Dummheit zu Geld machen. Und wie leicht das war! Alle machten mit. Alle riefen: ›Ich auch, ich auch!‹ Kein Mensch protestierte. Im Gegenteil. Der Trick war: Begehr muss her! Weil aber anfangs kein Begehr da war – ­der deutsche Dichter- und Denker-Bildungsstandard galt als zufriedenstellend –, wurde er geschaffen. Das ging verblüffend schnell und war strategisch total simpel: möglichst viel Chaos und nachhaltigen Schaden anrichten. Wir kennen das auch aus anderen Branchen: erst ein- oder abreißen, dann teuer erneuern. Bildungsvermarktung funktioniert nach demselben Prinzip. Und Profitgier kann eben auch Grundschule. Nachhilfe-Franchise-Unternehmen hatten wir vor 1969 nicht und brauchten sie auch nicht. Danach ja.« »Ich verstehe«, meint Anne. »Und so sollte es dann bleiben. Der Markt sollte dauerhaft beherrscht werden. Denn je größer der Schaden, desto größer der Gewinn. Also musste das Begehren langfristig gesteuert und großzügig und eigennützig befeuert werden. Wenn möglich seriös. Wenn nicht, dann nicht. Wie fies ist das denn?« »Tja, aber lässt sich die Schulbildung überhaupt dauerhaft schädigen? Na klar: indem man den Unterricht für Lesen, Schreiben, Rechtschreiben und Rechnen abschafft. Bevor jetzt irgendjemand dazwischenruft: Das geht nicht! Erinnere ich kurz an den GSV und dessen Aktivitäten. Seht ihr: der Kreis schließt sich langsam.«