Die Big Five des Schreibens bestimmen seinen Charakter. Darum kann keine Handschrift Kalligrafie sein – und umgekehrt.

Seit ich die BIG FIVE A.S.I.E.A, = A-authentisch, S-spontan, I-intuitiv, E-emotional, A-asymmetrisch< als die fünf Exklusiv-Eigenschaften der Handschrift entschlüsselt habe, ist der Weg frei für ein neues Kunstformat. Erst die Kenntnis der spezifischen Schreib-Charakteristika erschließt die Fähigkeit, Schreiben als einen hochkomplexen emotionalen Vorgang zu erfassen und künstlerisch anzuwenden. Keine dieser Eigenschaften zeichnen die Kalligrafie (Schönschrift) aus. Das bedeutet: wo Schönschreiben ist, ist keine Handschrift – sie schließen sich also gegenseitig aus. Handschrift und Kalligrafie sind Antipoden (Gegenspieler): „Wo der eine ist kann der andere nicht sein!“.

Video: Die „Big Five“ der Handschriften bestimmen ihren Charakter

 

 

„Unterschreiben Sie!“ Meine Gedanken zur Unterschrift.

Kein Führerschein, keine Hochzeit, kein Friedensvertrag, ob im Scheinwerferlicht, vor aller Welt oder im stillen Kämmerlein, Unterschriften schreiben seit jeher Geschichte. Was mit Daumenabdruck und drei Kreuzen begann, hat das goldene Buch der Zeit längst besiegelt. Die Schrift unter Verträgen und auf Autogrammkarten ist das entscheidende Merkmal unserer Zivilisation.

Sie sind das Gelbe im Ei des Kolumbus. Die USA gehörten immer noch zu England, gäbe es nicht das Signum der Verträge und hätten diese nicht das Alphabet beherrscht. Auch Verlierer müssen unterschreiben. Wir sind von Namen umgeben, dass es nur so wimmelt. Weil wir in Kategorien denken. Ohne sie sind wir hilflos. Wir brauchen sie für die Schubladen unserer kategorischen Denkfließbänder. Jede Tätigkeit, alles Tun und Denken, jedes Lebewesen, jede Pflanze, jeder Gegenstand hat einen Namen. Aber nur der Mensch kann ihn schreiben! Und zwar so, dass keiner dem anderen gleicht. Selbst wenn es dieselben sind. Jeder Mensch schreibt mit seinem Namen seine individuelle Geschichte.

Die Unterschrift ist die reduzierte Reduktion einer Person! Manche hau’n sie nur so hin. Manche gefallen sich im Schreiben, weil sie fühlen, dass sie für einen kurzen Moment Aufmerksamkeit und Zeit schreibend in ihren Bann ziehen. Wer spüren kann, wie die Tinte just in diesem Augenblick das Leben festschreibt, der weiß was Schreiben ist. Ist die Tinte getrocknet, wird das Papier weggelegt, das Buch geschlossen und in den Schrank gestellt. Doch das Leben, dieser Augenblick im Leben jener Menschen, deren Handschrift zurückbleibt, kann als Signum individueller, unwiederbringlicher Existenz Jahrhunderte überdauern. Wer möchte als kringelige Schlangenlinie oder mit der Charakteristika eines Sägeblatts zickzackig und unlesbar in die Annalen eingehen? Dann doch wohl lieber raumgreifend und souverän? Die Unterschrift ist das Mark gebildeter Menschen. Wer denkt daran, wenn die Unterschrift dran ist? Wer denkt daran, wenn der Führerschein plötzlich unterschriftsreif ist? Wenn der eigenhändige Name auf der Cashcard stehen muss. Aber ist das wirklich plötzlich? Ist es nicht. Wir denken unlogisch. Die Unterschrift nimmt nämlich Gestalt an, sobald der erste Stift zwischen Kinderfinger wandert, „Hänschen klein“ zu kritzeln beginnt und die Lust am Schreiben erwacht. Es ist von jeher die Hauptaufgabe der Grundschulen, Kindern vom ersten Schultag an die Gewissheit einzupflanzen, dass Schreiben können aus ihnen starke Persönlichkeiten macht. Erst wer richtig und fließend schreiben kann, ist „staatstragend“ im Sinne eines mündigen Bürgers.

Aber das Schreiben-L e h r e n wurde 1969 aus unerforschten Gründen aus dem Deutschlehrplan gestrichen. Seitdem haben 73 % der Männer Probleme mit ihrer Handschrift. Tendenz zunehmend.

Die dynamische Unterschrift – Ihr Top-Signum.

„Dafür stehe ich mit meinem Namen.“ Wer kennt diesen Satz nicht? Er hielt sogar Einzug in die Werbung und bedeutet so viel wie „das unterschreibe ich“. Genau genommen ist die vertrauenerweckende Äußerung für etwas „mit seinem Namen“ zu stehen, eine typisch euphemistische Werbe-Worthülse. Denn jeder Mensch „steht“ mit seinen Namen für das, was er tut. Was geschieht, wenn das Produkt nicht hält, was der „gute Name“ verspricht – verliert man dann seinen Namen? Das Gesicht vielleicht, aber nicht den Namen. Jeder Mensch ist seine eigene Unterschrift. Wer seinen Namen verliert, verliert sich selbst.

Schreiben Sie ihn so intensiv, dass alles drin ist im Namen und Ihnen nichts mehr einfällt. Schreiben Sie ihn hundert Mal. Tausend Mal. Nehmen Sie einen Füller mit breiter Feder. Schreiben Sie für alle sichtbar. Schreiben Sie langsam, großzügig und markant. Schreiben Sie, bis Ihr Name in Ihren Fingerspitzen angekommen ist und er sich „wie von selber“ schreibt. Denken Sie: „Achtung – hier komme ich!“. Fangen Sie klein an, und werden Sie immer größer. Schreiben Sie raumgreifend und grandios, lassen Sie Handschrift fließen, und fangen Sie fliehende Buchstaben wieder ein. Unterschriften eine authentische Gestalt zu geben, ist ein Abenteuer besonderer Art. Und achten Sie dabei immer auf Ihren Herzschlag! Je besser Sie sich fühlen, desto authentischer wird Ihre Unterschrift. Erzählen Sie Ihre Geschichte.

Fangen Sie jetzt an!

Die Wertschätzung, die Sie Ihrer Handschrift entgegenbringen, hat logischer Weise zur Folge, dass Sie Ihre Aufmerksamkeit auch auf die Schreibgeräte richten, die Sie benutzen möchten. Stift- und Federstärke geben der Schrift „optische Haptik“. Probieren alle Schreibgeräte aus, die Ihnen in die Finger fallen und schreiben Sie damit Ihren Namen. Vom Filzstift bis zur Spitzfeder. Verwenden Sie Symbole nur, wenn sie mit Ihrem Beruf oder besonderen Situationen zu tun haben. Ich integriere gelegentlich Symbole in meinen Namen und zeichne (weil ich auch Illustratorin bin) das Brandenburger Tor, wenn ich in Berlin bin, in Hamburg ein Segelboot, in Paris den Eifelturm…aber Vorsicht, das kann ins Auge gehen.

Mit oder ohne freundliche Grüße?

Lassen Sie am Ende eines persönlichen Schreibens Raum für persönliche Worte und Grüße. Schreiben Sie die Anrede mit der Hand. Gestalten Sie die persönlichen Grüße passend zu Ihrem   Namen. Lassen Sie Tintenspritzer nur dann wirken, wenn der Adressat weiß, dass Sie ein „spritziger“ Typ sind, der es auch mal „krachen“ lässt. Raumgreifende Schwünge ergeben oft große weiße Flächen, die wie L u f t b l a s e n wirken können. Verwenden Sie Symbole nur, wenn sie mit Ihrem Beruf oder besonderen Situationen zu tun haben. Ich integriere gelegentlich Symbole in meinen Namen und zeichne (weil ich auch Illustratorin bin) das Brandenburger Tor, wenn ich in Berlin bin, in Hamburg ein Segelboot, in Paris den Eifelturm…aber Vorsicht, das kann ins Auge gehen.

Das von im Namen

Die ererbten drei kleinen Buchstaben v o n sind manchem Namensträger eine grafische Last. Man möchte nicht angeben, kann sie aber auch nicht verschwinden lassen. Adel verpflichtet. Das von abkürzen wie einen akademischen Grad als v. gefällt nicht jedem. Deshalb schlage ich vor, die Buchstaben so in den Namen zu integrieren, dass beides auf einer gedachten Linie geschrieben „wie aus einem Guss“ wirkt.

Unterschriften in Druckschrift, also auch in „Grundschrift“ sind nicht erlaubt.