Ihr Kind schreibt in der 5. Klasse plötzlich 5en und 6en …

… statt wie in der Grundschule, 1en und 2en. Die Handschrift Ihres Kindes wird „Sauklaue“ genannt, weil sie unleserlich ist. Begriffe wie grafomotorische Störung (Schreibschwäche), Legasthenie (falsche Rechtschreibung) und Dyskalkulie (Rechenschwäche), tauchen auf, woran mag das liegen? Ist Ihr Kind plötzlich dümmer? Wurde ihm wegen schlechter Handschrift eine „körperlich-geistige Beeinträchtigung“ attestiert? Es ist eines von 3 Mio., denen es genauso geht, sie können nicht lesen, nicht schreiben, nicht rechnen, und die Lehrerin versucht Ihnen weiszumachen, dass Ihr Kind das einzige ist, dem es so geht. Kommt Ihnen das bekannt vor? Musste Ihr Kind zu Ergo- und Lerntherapeuten? Wenn ja, haben Sie sich je gefragt, welche Rolle die Grundschule dabei spielt? Schon, aber Sie trauten sich nicht, es aus- oder anzusprechen?

Dann mach‘ ich das jetzt einmal.

Verstehen sie mich richtig, es ist kein Angriff gegen das Schul-Personal. Das kann nichts dafür, das muss ausführen, was die Politik diktiert. Es sind Grundschul-Politiker, Schulsenatoren, Kultusminister (männlich, weiblich und divers), die zu verantworten haben, dass in den ersten vier Schuljahren eine Art Lese-, Schreib- und Rechen-lern-Boykott oder Wissens-Embargo herrscht. Die Kinder werden nicht dümmer – sie werden entweder nicht oder absichtlich falsch unterrichtet. Abitur machen sie trotzdem. Lesen lernt man jetzt an der Universität. Was ist los in der Grundschule?

Aus Platzgründen verzichte ich hier darauf, die Hintergründe zu erklären. Ich möchte lieber daran erinnern, dass regelkonforme Handschreibtechnik (Schreibschrift) und Intelligenz, Bildung und beruflicher und persönlicher Erfolg auf einander angewiesen sind.

Unsere zukünftigen Erwachsenen „ticken“ in dem Moment wieder richtig, in dem sie richtig unterrichtet werden. Und zwar als erstes in richtigem Schreiben und mit Schreibschrift – nicht, wie seit 1969 praktiziert, mit Druckschrift.

Druckschrift hat mit Handschrifterwerb nichts zu tun. Im Gegenteil: der Gedanken-Flow wird extrem gestört, ja geradezu geschreddert. Trotzdem wurde die Schreibschrift 2001 klammheimlich aus dem Lehrplan gestrichen. 2011, als das endgültige Aus der Schreibschrift zugunsten der Druckschrift beschlossen war, wurde die Druckschrift in „Grundschrift“ umbenannt. Eltern sollen dies aber nicht durchschauen, also wird nicht nur der Name geändert, sondern angeboten, die Druckbuchstaben „nach Gefühl“ zu verbinden, denn „Druckschrift ist Schreibschrift, wenn sie mit der Hand geschrieben wird“ lügen uns dieselben Personen ins Gesicht, die auch die „Schreib wie du sprichst“-Legasthenie verursachen. Wie lange sollen wir und das noch auftischen lassen?

Wir wissen es doch viel besser. Schauen Sie sich um: Handschrift boomt! Erstens ist Schreiben mit der Hand sehr leicht zu erlernen. Zweitens trägt es zur Persönlichkeitsentwicklung bei und ist auf dem besten Weg ein Bildungs-Statussymbol zu werden. Drittens: Mit der Schreibschrift steht uns eine intelligenzbildende Technik zur Verfügung, die sich seit Jahrhunderten in (fast) allen Weltsprachen als Denk- und Kommunikations-Instrument bewährt. Dass sie ihren weltumspannenden Erfolg immer weiter ausbaut, wundert also nicht. Dazu trug sowohl die tradierte handschriftliche Alphabetisierung bei, als auch die globale Digitalisierung und die zunehmend als bedrohlich empfundene virtuelle Entmündigung. Sie machen diese einzigartige Verständigungstechnik unverzichtbar.

Und so funktioniert sie: Wir denken schnell-fließend und in ganzen Begriffen. Und so soll auch geschrieben werden. Die Schrift ist so konzipiert, dass die Buchstaben unbemerkt ineinander übergehen können. Finger, Stift und Schrift bilden eine Bewegungseinheit die den Gedankenfluss imitiert.

Das macht diese Technik zur schnellsten buchstabenbasierten Darstellungsform. Das heißt, nur richtiges Schreiben mit der Hand ermöglicht optimale Gedanken-Schreibarbeit. Allein zu diesem Zweck wurde diese Schreib-Technik entwickelt. Spracherkennungs-Software ist damit nicht vergleichbar.

Zudem ist handschriftliches Schreiben authentisch und weitestgehend datengeschützt. Wer diese Schreibtechnik auch auf Tablet und iPhone beherrscht, ist Teil einer Verständigung, die überall auf der Welt Verbindungen knüpft. Ein Muss für jeden zivilisierten Menschen.

Handschrift ist buchstäbliches Denken. Dies vor Zugriffen zu schützen ist eine Gewissensfrage. Denn Schreiben ist Macht.

 

 

„Unterschreiben Sie!“ Meine Gedanken zur Unterschrift.

Kein Führerschein, keine Hochzeit, kein Friedensvertrag, ob im Scheinwerferlicht, vor aller Welt oder im stillen Kämmerlein, Unterschriften schreiben seit jeher Geschichte. Was mit Daumenabdruck und drei Kreuzen begann, hat das goldene Buch der Zeit längst besiegelt. Die Schrift unter Verträgen und auf Autogrammkarten ist das entscheidende Merkmal unserer Zivilisation.

Sie sind das Gelbe im Ei des Kolumbus. Die USA gehörten immer noch zu England, gäbe es nicht das Signum der Verträge und hätten diese nicht das Alphabet beherrscht. Auch Verlierer müssen unterschreiben. Wir sind von Namen umgeben, dass es nur so wimmelt. Weil wir in Kategorien denken. Ohne sie sind wir hilflos. Wir brauchen sie für die Schubladen unserer kategorischen Denkfließbänder. Jede Tätigkeit, alles Tun und Denken, jedes Lebewesen, jede Pflanze, jeder Gegenstand hat einen Namen. Aber nur der Mensch kann ihn schreiben! Und zwar so, dass keiner dem anderen gleicht. Selbst wenn es dieselben sind. Jeder Mensch schreibt mit seinem Namen seine individuelle Geschichte.

Die Unterschrift ist die reduzierte Reduktion einer Person! Manche hau’n sie nur so hin. Manche gefallen sich im Schreiben, weil sie fühlen, dass sie für einen kurzen Moment Aufmerksamkeit und Zeit schreibend in ihren Bann ziehen. Wer spüren kann, wie die Tinte just in diesem Augenblick das Leben festschreibt, der weiß was Schreiben ist. Ist die Tinte getrocknet, wird das Papier weggelegt, das Buch geschlossen und in den Schrank gestellt. Doch das Leben, dieser Augenblick im Leben jener Menschen, deren Handschrift zurückbleibt, kann als Signum individueller, unwiederbringlicher Existenz Jahrhunderte überdauern. Wer möchte als kringelige Schlangenlinie oder mit der Charakteristika eines Sägeblatts zickzackig und unlesbar in die Annalen eingehen? Dann doch wohl lieber raumgreifend und souverän? Die Unterschrift ist das Mark gebildeter Menschen. Wer denkt daran, wenn die Unterschrift dran ist? Wer denkt daran, wenn der Führerschein plötzlich unterschriftsreif ist? Wenn der eigenhändige Name auf der Cashcard stehen muss. Aber ist das wirklich plötzlich? Ist es nicht. Wir denken unlogisch. Die Unterschrift nimmt nämlich Gestalt an, sobald der erste Stift zwischen Kinderfinger wandert, „Hänschen klein“ zu kritzeln beginnt und die Lust am Schreiben erwacht. Es ist von jeher die Hauptaufgabe der Grundschulen, Kindern vom ersten Schultag an die Gewissheit einzupflanzen, dass Schreiben können aus ihnen starke Persönlichkeiten macht. Erst wer richtig und fließend schreiben kann, ist „staatstragend“ im Sinne eines mündigen Bürgers.

Aber das Schreiben-L e h r e n wurde 1969 aus unerforschten Gründen aus dem Deutschlehrplan gestrichen. Seitdem haben 73 % der Männer Probleme mit ihrer Handschrift. Tendenz zunehmend.

Die dynamische Unterschrift – Ihr Top-Signum.

„Dafür stehe ich mit meinem Namen.“ Wer kennt diesen Satz nicht? Er hielt sogar Einzug in die Werbung und bedeutet so viel wie „das unterschreibe ich“. Genau genommen ist die vertrauenerweckende Äußerung für etwas „mit seinem Namen“ zu stehen, eine typisch euphemistische Werbe-Worthülse. Denn jeder Mensch „steht“ mit seinen Namen für das, was er tut. Was geschieht, wenn das Produkt nicht hält, was der „gute Name“ verspricht – verliert man dann seinen Namen? Das Gesicht vielleicht, aber nicht den Namen. Jeder Mensch ist seine eigene Unterschrift. Wer seinen Namen verliert, verliert sich selbst.

Schreiben Sie ihn so intensiv, dass alles drin ist im Namen und Ihnen nichts mehr einfällt. Schreiben Sie ihn hundert Mal. Tausend Mal. Nehmen Sie einen Füller mit breiter Feder. Schreiben Sie für alle sichtbar. Schreiben Sie langsam, großzügig und markant. Schreiben Sie, bis Ihr Name in Ihren Fingerspitzen angekommen ist und er sich „wie von selber“ schreibt. Denken Sie: „Achtung – hier komme ich!“. Fangen Sie klein an, und werden Sie immer größer. Schreiben Sie raumgreifend und grandios, lassen Sie Handschrift fließen, und fangen Sie fliehende Buchstaben wieder ein. Unterschriften eine authentische Gestalt zu geben, ist ein Abenteuer besonderer Art. Und achten Sie dabei immer auf Ihren Herzschlag! Je besser Sie sich fühlen, desto authentischer wird Ihre Unterschrift. Erzählen Sie Ihre Geschichte.

Fangen Sie jetzt an!

Die Wertschätzung, die Sie Ihrer Handschrift entgegenbringen, hat logischer Weise zur Folge, dass Sie Ihre Aufmerksamkeit auch auf die Schreibgeräte richten, die Sie benutzen möchten. Stift- und Federstärke geben der Schrift „optische Haptik“. Probieren alle Schreibgeräte aus, die Ihnen in die Finger fallen und schreiben Sie damit Ihren Namen. Vom Filzstift bis zur Spitzfeder. Verwenden Sie Symbole nur, wenn sie mit Ihrem Beruf oder besonderen Situationen zu tun haben. Ich integriere gelegentlich Symbole in meinen Namen und zeichne (weil ich auch Illustratorin bin) das Brandenburger Tor, wenn ich in Berlin bin, in Hamburg ein Segelboot, in Paris den Eifelturm…aber Vorsicht, das kann ins Auge gehen.

Mit oder ohne freundliche Grüße?

Lassen Sie am Ende eines persönlichen Schreibens Raum für persönliche Worte und Grüße. Schreiben Sie die Anrede mit der Hand. Gestalten Sie die persönlichen Grüße passend zu Ihrem   Namen. Lassen Sie Tintenspritzer nur dann wirken, wenn der Adressat weiß, dass Sie ein „spritziger“ Typ sind, der es auch mal „krachen“ lässt. Raumgreifende Schwünge ergeben oft große weiße Flächen, die wie L u f t b l a s e n wirken können. Verwenden Sie Symbole nur, wenn sie mit Ihrem Beruf oder besonderen Situationen zu tun haben. Ich integriere gelegentlich Symbole in meinen Namen und zeichne (weil ich auch Illustratorin bin) das Brandenburger Tor, wenn ich in Berlin bin, in Hamburg ein Segelboot, in Paris den Eifelturm…aber Vorsicht, das kann ins Auge gehen.

Das von im Namen

Die ererbten drei kleinen Buchstaben v o n sind manchem Namensträger eine grafische Last. Man möchte nicht angeben, kann sie aber auch nicht verschwinden lassen. Adel verpflichtet. Das von abkürzen wie einen akademischen Grad als v. gefällt nicht jedem. Deshalb schlage ich vor, die Buchstaben so in den Namen zu integrieren, dass beides auf einer gedachten Linie geschrieben „wie aus einem Guss“ wirkt.

Unterschriften in Druckschrift, also auch in „Grundschrift“ sind nicht erlaubt.

Zum Einstieg … Schreibenlernen ist ein Kinderspiel

Auszug aus meinem Buch „Handschrift ante portas“:

Ich konnte schon schreiben, als ich in die Schule kam. Deshalb weiß ich, wie einfach es ist, die lateinische Schreibschrift zu erlernen. Die Politik sieht das auch so: „Das Beibringen von Buchstaben ist wissenschaftlicher Erforschung nicht bedürftig.“ und „Das mit den Buchstaben soll ganz woanders erledigt werden, nicht in der Lehrerausbildung[1].“ Was hier ironisch klingt, fand tatsächlich statt. Der Schreibunterricht wurde aus der Grundbildung genommen, und die Ergebnisse fallen uns seitdem vor die Füße.

Seit Erwachsenen in ihrer Kindheit der geistige Schöpfungsakt des Schreibens verweigert wird, türmt sich Jahr um Jahr der babelsche „Kannitverstan[2]“-Turm immer höher auf: Eine Studie von 2012[3] ergab, dass der Anteil der Analphabeten im Bildungsstandort Deutschland auf 7,5 Mio. angewachsen ist (Berufstätige! – Kinder und Jugendliche nicht mitgezählt) – Tendenz: steigend.

Schreiben ist das Ergebnis eines Denkprozesses, dem ein visuell-manuell-basiertes Darstellungsereignis nachgeordnet ist. Und: Handschrift ist eine Frage der Bildung, nicht des Designs.

So wie es aussieht, brauchte es den langjährigen Verweigerungsprozess und den Verlust des Unterrichts, um die essentielle Bedeutung des Schreibens in seiner ganzen Größe erfassen zu können. Wir erinnern: Die drei Disziplinen Lesen, Schreiben, Rechnen sind das Fundament westlicher Bildung, wobei Schreiben als primus inter pares (Erster unter Gleichen) gilt. Wer lesen kann, kann noch nicht schreiben, wer nicht schreiben kann, kann auch nicht rechnen (weil er die Zahlen nicht „bedienen“ kann). Doch kann man schreiben, beherrscht man alle drei. Es geht beim Schreibenlernen also nicht um „schön“ oder „Sauklaue“, sondern um den Erwerb einer Denktechnik, auf die wir angewiesen sind.

Seit 30 Jahren ist meine Handschrift mein Beruf (wie die Stimme der Beruf eines Opernsängers ist), darüber hinaus berate ich seit gut zehn Jahren Jungen und Männer in Sachen Handschrift. Ich erlebe die Freude meines eigenen Schreibens und die Dimension des Schreibkummers anderer Menschen wie sonst wohl kaum jemand täglich hautnah. Das gab den Anstoß, genau jenes Kinderspiel“ zu entwickeln, das in Deutschland fehlt: Know-how und Spielregeln zum Schreibenlernen inklusive Erklärpflicht. Es ist nämlich der richtigen Erklärung zu verdanken, dass ich mit fünf Jahren schreiben konnte. Kein Kind kann sich selbst alphabetisieren. Woher soll es wissen, wie die Zeichen, die es sieht, ausgesprochen und geschrieben werden?

Es war eine wunderbare Selbst-Herausforderung, ein Handschrift-lern-Konzept zu entwickeln, das auf der Logik des Schreibens basiert und von Kindern und Erwachsenen gleichermaßen angenommen wird. Das war das Ziel. Hier sollten sich mein langjähriges, intensives Typographie-Studium und meine sechs Kalligrafie-Semester bewähren. Ich hatte gelernt, Buchstaben zu „sezieren“, ich kenne ihren Aufbau. Aber ich weiß eben auch, dass das Schreiben der Handschrift weder mit dem einen noch mit dem anderen identisch sein kann, sondern ganz eigenen Kategorie angehört. Darauf kam es nun an. Das Konzept wurde den aktuellen Erkenntnissen der Neurobiologie mit dem Fokus auf Jungen entwickelt, weil sie die Haupt-leidtragenden der Nachkriegs-Schulpolitik sind.

Wir können uns freuen: Jeder Hype, auch der der Digitalisierung verursacht immer eine Gegenbewegung[4], dem zufolge macht sich der Schreib-Aufschwung auch längst schon überall bemerkbar.

Ein deutliches Zeichen für die Unverzichtbarkeit der Handschrift ist auch ihr gezielter Einsatz als grafisch-künstlerisches Element überall in unserer Lebenswelt, zum Beispiel in der Werbung seit über dreißig Jahren. Denn was suggeriert Persönlichkeit, Authentizität und Individualität besser als Handgeschriebenes?

Handschrift ist auf dem Weg, wieder zu einem Statussymbol, zu einer Bildungs-Code-Schrift zu werden: Das Management will Schreibschrift, die Schrift der Dichter und Denker.

Das bestätigen auch meine Handschrift-Coachings. Es sind die Männer, denen in der Kindheit das Schreibenlernen verweigert wurde. Darunter Studierende, Akademiker und Führungskräfte. Da ist es wohl verständlich und ermutigend, dass diese Väter auch auf die Handschriften ihrer Kinder achten.

Wer schreiben kann, hat die Macht. Geben Sie sie nicht aus der Hand!

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[1] Günther Thomé: ABC und andere Irrtümer, S. 99, Bosch (1937) zit. n. Kluge 2009, S. 27

[2] Johann Peter Hebel: https://epub.uni-regensburg.de/25677/1/ubr12863_ocr.pdf

[3] Grotlüschen und Riekmann, 2011, 2012; Grotlüschen, Riekmann und Buddeberg, 2012

[4] Matthias Horx, www.zukunftsinstitut.de

  1. Kapitel aus „Handschrift ante portas“ Susanne Dorendorff, BoD http://www.bod.de/buchshop/handschrift-ante-portas-schreiben-macht-gluecklich-susanne-dorendorff-9783752801965

Schreibangst und ein ramponiertes Selbstbild

„Mir wäre schon sehr geholfen, wenn Sie mir die Angst vor der eigenen Handschrift nehmen würden oder die Angst davor wenigstens merklich reduzieren könnten, weil das bedeuten würde, dass ich mich in meinem Beruf und auch sonst wesentlich wohler fühle“, das schrieb mir ein 40-jähriger Ingenieur aus der Schweiz. Und er legt damit den Finger genau in die Wunde, um die es bei Erwachsenen geht, denen ihre eigene Handschrift unangenehm ist. Er hat ein Problem im Beruf und auch sonst. Sein Selbstbild, sein Image ist im Keller. Es geht diesen Menschen – und davon gibt es mindestens 20 Millionen in Deutschland – nicht und nie um Eitelkeit, also nicht darum, dass sie schön schreiben möchten – das wäre viel zu hochgegriffen. Sie beanspruchen, und das dürfen Sie sich gern auch körperlich vor Augen führen, nur ein Minimum an seelischer Sicherheit.

Es geht diesen Menschen um die Überwindung eines diffusen Angstgefühls. Eine Art Bedrohung, die mit gefühltem Imageverlust und Persönlichkeits-Defizit verbunden ist. Mich erschüttert dabei immer die Verzweiflung, die diese Menschen mit sich herumtragen. Denn die geht ganz oft mit ausgeprägter Prüfungs-Angst einher. Charakteristisch ist auch ein starkes allgemeines Minderwertigkeitsgefühl. Und körperlich spürbar sind Herzklopfen und Schweißausbrüche, sobald etwas geschrieben werden muss.  Diesen Menschen geht es allein um die Überwindung eines Traumas, um das Beenden einer jahrelangen seelischen Belastung. Wer unter Schreibangst leidet…der nimmt freiwillig keinen Stift mehr in die Hand. Auch nicht, wenn es sich um ein Prestige-Objekt handelt. Ein Füller ist kein Autoschlüssel. Er könnte spontan in die Situation geraten, damit schreiben zu müssen. Und nichts fürchtet er mehr – als DAS! Er meidet Schreibgeräte folgedessen wie der Teufel das Weihwasser. Bis er zu mir kommt.

Leider kann ich an dieser Stelle nicht demonstrieren wie es mir gelingt, Schreibangst in Freude am Schreiben umzuwandeln und bei manchem außerdem in künstlerische Schöpferkraft. Sogar das. Denn angstfreies Hantieren mit Stiften setzt Kreativität frei. Ich frage mich deshalb oft, ob diejenigen, die Kindern in der Grundschule statt der Schreibschrift das Keyboarding beizubringen beabsichtigen, jemals darüber nachgedacht haben, ob sich zum spontanen Skizzieren und Fixieren eigener Ideen besser Stift und Papier oder besser Tastatur & Bildschirm eignen. Fragen Sie mal Schriftsteller, ob sie beim Denken lieber an der Taste oder lieber am Stift kauen. Bleistift oder Tastatur heißt in diesem Fall Kopf oder Zahl und bedeutet: glücklich sein, fließend schreiben und denken dürfen oder: Akku aufladen. Dann doch wohl lieber Kopf. Aber nun Spaß beiseite. Es geht ja um Ihr Image das Sie verbessern möchten.

In den Menschen, die mit 40 Jahren plötzlich das Schreiben und ihre eigene Handschrift entdecken dürfen, vollzieht sich – auch nach außen hin sichtbar – eine positive Wandlung. Denkt man an den Spruch: „Handschrift ist Ausdruck der Persönlichkeit“, dann ist das absolut nachvollziehbar. Das schlechte Gefühl einer schlechten Handschrift schlägt sich nämlich nicht nur in der Schrift selbst, sondern auch in den Augen nieder. Der richtige Ausdruck einer klaren Handschrift, als positives Merkmal ihrer Ausstrahlung, hat ihnen 40 Jahre lang gefehlt. Und wenn er dann plötzlich da ist – der ersehnte Ausdruck – dann öffnet sich ein ganz neues Territorium. Kreativität ist das glücklich machende Synapsen-Spiel intuitiver Spontanität. Das heißt, hier ist Echtsein gefordert. Authentisch und drauf los! Was gibt es Befreienderes?

Die neu gewonnene Kreativität und Empathie – beides fällt bekanntlich ja auch mit unter den Begriff „emotionale Intelligenz“ – manifestieren Ihre Souveränität, und sorgen für eine positive Ausstrahlung. Wer das Schreiben beherrscht, wie eine natürliche Eigenschaft, der steht im Leben einfach besser da.