Dulzi kotzt Tinte – weil irgendwer ja mal Klartext schreiben muss.

Willkommen in der handgeschriebenen Hölle des Wahnsinns, auch bekannt als deutsche Bildungspolitik. Hier bloggt Dulzi Darjeeling, porzellanern, patent, parteilos – aber nicht neutral. Ich bin keine Pädagogin, ich bin eine Teetasse mit Haltung. Und ich habe Tinte. Viel Tinte. Blaue Tinte. Schwarze Tinte. Für das Alphabet, die Handschrift – und gegen alles, was Kindern den Kopf verdreht und die Finger verknotet.

Denn irgendwer muss es ja sagen:
👉 Schreiben lernt man nicht mit Anlauttabellen.
👉 Die Grundschrift ist keine Schreibschrift. Und die VA auch nicht.
👉 „Denken mit der Hand“ ist Bullshit.
👉 Und wer glaubt, Tablets ersetzen Füller, kann gleich mit Kreide an die Wand schreiben.

Ich weiß, ich bin nur Porzellan. Aber selbst ich erkenne, wenn Schule mehr mit Bürokratie als mit Demokratie und Bildung zu tun hat. Ich war in Meißen – ich kenn mich mit Tradition aus. Und mit Brüchen.

Hier findest du:

  • Texte mit Biss, nicht mit Bastelanleitung
  • Schwarztee-scharfe Analysen über Schrift, Sprache und Schul- Wissenschaftsversagen
  • Liebeserklärungen an Buchstaben, Linien und linkshändige Tintenhelden
  • Und: einen Ort für alle, die sich beim Lesen fragen, ob die anderen eigentlich noch alle Buchstaben auf der Tafel haben

📝 Lesen auf eigene Gefahr.
Ich schreibe nicht für Klicks. Ich schreibe, weil ich sonst explodiere. besser ihr als ich, Und weil Kinder das Schreiben wieder lernen dürfen – richtig, persönlich, sinnvoll.

Du willst Haltung?
Ich hab Tinte.

Dulzi Darjeeling,
Teekanne mit Temperament

Hier meine Autorenbio 

Ich bin Dulzi Darjeeling, Teetasse erster Güte, geboren in Meißen, gereist durch salzige Winde und pädagogische Irrtümer, gestrandet auf Sylt. Früher servierte ich Tee, heute serviere ich Tacheles.

Ich bin aus feinstem Porzellan, aber was ich schreibe, ist grob gekörnt.
Mein Spezialgebiet: Buchstaben, Bildung und Bockmist.
Ich beobachte, was an Grundschulen passiert – und was nicht passiert: echtes Schreiben, echtes Denken, echte Bildung.

Ich bin alt genug, um den Unterschied zwischen einer Schrift und einem Schrieb zu kennen. Und jung genug, um gegen jeden Kram anzuschreiben, den sich Schreibtischtäter in Schulministerien ausdenken.

Mein Motto:
Tinte ist dicker als Ideologie.

Buchstaben-Esoterik und/oder Wokewriting

Damit wir uns richtig verstehen: ich beanspruche die Urheberschaft an dem Begriff „Buchstaben-Esoterik“, der mir spontan einfielen, als ich hörte, dass es Menschen gibt, die jedem handgeschriebenen Buchstabenben eines bestimmten Schreibschrift-Alphabets „übersinnliche Kräfte“ zusprechen. Vor dem Hintergrund, dass der Duktus der Handschrift jedem Menschen ebenso angeboren ist, wie der Duktus der Stimme, halte ich es für blanken Unsinn, durch Heranziehung okkultistischer, anthroposophischer, metaphysischer oder anderer Lehren und Praktiken, Rückschlüsse auf die Selbsterkenntnis und Selbstverwirklichung des Menschen zu ziehen. Auch den Begriff „Wokewriting“ passt gut in dieses Metier,

Leseprobe aus „Klasse“- über die agnotologischen Strategien der Grundschulpolitik und ihre desaströsen Folgen

(Seite 164) »Ich erzähl euch jetzt, wie das Profitgier-Virus eines Tages nach der deutschen Schul-Idylle griff, sich klammheimlich überall andockte und wie die drastische Denk-Drosselung in Deutschland begann.« Gerd ist in seinem Element.»Irgendwer hatte das Virus eingeschleppt. Wirklich irgendwer? Oder wurde es als Schulbildungsvermarktungsidee aus den USA zu uns herübergeschwappt? Egal. Das Grundbildungsvernichtungsvirus mutierte schnell und zwang unsere arglose Schulwelt (viele Lehrerinnen, Lehrer und Eltern waren damals noch genauso gutgläubig wie heute) ganz langsam in die Knie und dann ungebremst in die Lerninsolvenz. Der Plan ging auf. Welcher Plan? Dummheit zu Geld machen. Und wie leicht das war! Alle machten mit. Alle riefen: ›Ich auch, ich auch!‹ Kein Mensch protestierte. Im Gegenteil. Der Trick war: Begehr muss her! Weil aber anfangs kein Begehr da war – ­der deutsche Dichter- und Denker-Bildungsstandard galt als zufriedenstellend –, wurde er geschaffen. Das ging verblüffend schnell und war strategisch total simpel: möglichst viel Chaos und nachhaltigen Schaden anrichten. Wir kennen das auch aus anderen Branchen: erst ein- oder abreißen, dann teuer erneuern. Bildungsvermarktung funktioniert nach demselben Prinzip. Und Profitgier kann eben auch Grundschule. Nachhilfe-Franchise-Unternehmen hatten wir vor 1969 nicht und brauchten sie auch nicht. Danach ja.« »Ich verstehe«, meint Anne. »Und so sollte es dann bleiben. Der Markt sollte dauerhaft beherrscht werden. Denn je größer der Schaden, desto größer der Gewinn. Also musste das Begehren langfristig gesteuert und großzügig und eigennützig befeuert werden. Wenn möglich seriös. Wenn nicht, dann nicht. Wie fies ist das denn?« »Tja, aber lässt sich die Schulbildung überhaupt dauerhaft schädigen? Na klar: indem man den Unterricht für Lesen, Schreiben, Rechtschreiben und Rechnen abschafft. Bevor jetzt irgendjemand dazwischenruft: Das geht nicht! Erinnere ich kurz an den GSV und dessen Aktivitäten. Seht ihr: der Kreis schließt sich langsam.«

Unterschrift verbessern – die Video-Galerie

2 Basis-Videos und ein paar Buchstaben-Videos – extra in nicht alphabetischer Reihenfolge.

Finde deinen Anfangsbuchstaben!

1 – Die Basis: Fünf Schreib-Eigenschaften machen dich glücklich

2 – Du wirst sie lieben. Deine Unterschrift. Zum Coaching-Start (1) zeige ich dir 6 Basis-Tipps!

P – Extra für Jungs! Schreib niemals dieses P! Unterschrift-Vorschlag P (Lection 5 von 31)

Y – Yäss you kenn! Unterschrift-Vorschlag Y (Lection 27 von 31)

S – Sauklauer aller Länder vereinigt euch HIER! Unterschrift-Vorschlag S (Lection 6 von 31)
L – Lucky go lucky – nimm Unterschrift-Vorschlag L (Lection 3 von 31)
A – Alles unklA mit A? Dann den Unterschrift-Vorschlag A (Lection 7 von 31)
M – Das Super-M = Muckies, Männer, Mädels und der Unterschrift-Vorschlag M (Lection 2 von 31)
U – Unterschrift-Coaching Vorschlag U (Lection 8 von 31)
C – Cool – son C cennst du nicht! Unterschrift-Vorschlag C (Lection 16 von 31)
N –  NEU: The Write Time: das N (Lection 19 von 31)

 

Videos zum Unterschrift-Coaching „Extra für Männerhände“

Zum Video hier klicken > Mein  Hand- und Unterschrift-Coaching für Männerhände

Die Basis meines Coaching-Konzepts: Schreiben ist der einzige spontan-materialisierbare Ausdruck den wir haben, und: Lachen öffnet das Verstehen. Sie haben sich lange genug gequält. Wir sitzen uns in lockerer Atmosphäre am Tisch gegenüber. Ihre bisherige Unterschrift ist, weil es um Ihre neue, freifließende Schreibtechnik geht, kein Thema. Sofort vergessen Sie Ihre Schreibblockaden. Ein viriles Graphit-Schreibtool liegt locker in Ihrer Schreibhand. Sie schreiben, ich mache Vorschläge, Sie lassen sich inspirieren. So erschreiben Sie sich sehr schnell Wesentliches über den authentischen Ausdruck Ihrer Unterschrift.

Denken ist DIE pädagogische Grundlage der Schulen – und Schreiben ist die Königsklasse der Pädagogik.

Ohne Gedanken ist Bildung nicht möglich. Gedanken müssen fixiert werden, um nachhaltig bestehen zu können. Man schreibt sie auf. Schreiben ist also die Basis aller Bildung.
Das heißt: Aufschreiben ist Denkschreiben oder Schreibdenken – also Denken und Schreiben in Einem (2 in 1), zwei in einem Federstrich. Gedankenfluss und Schreibfluss sollten also
möglichst synchron verlaufen. Das können sie nicht, denn Denken ist schneller als Schreiben, weil wir in fertigen Wörtern formulieren und nicht – wie bei der Druckschrift und dem Tastschreiben, die Wörter aus Einzelbuchstaben zusammensetzen müssen. „Tipper“ und „Drucker“ sind die „Wegschnecken des Schreibprozesses“. Sie bleiben auf der Strecke, sobald es um Leistungsoptimierung geht.

Beide, die Fließgeschwindigkeit der Gedanken und die Geschwindigkeit der Handbewegung müssen zu einem dualen System verschmelzen. Das heißt, sie werden cerebral-motorisch oder besser: „hirn-händisch“ selbsttätig miteinander verknüpft. Aus dieser Verbindung entwickelte sich im Laufe der Zeit eine Hand-schreib-Technik, die das Fixieren der Gedanken entschieden erleichterte: die Technik des manuellen Verbindens spezieller Schriftzeichen. Mit großem Erfolg: das Alphabet der lateinischen Schreibschrift begann ihren Siegeszug vor mehr als 500 Jahren und wurde die Schrift der Gelehrten genannt. Gedanken konnten von nun an flott per Hand und mit einem Stift in persönlicher Handschrift aufgeschrieben werden.
Das Alphabet der lateinischen Schreibschrift ist das Ausgangsmaterial für die Technik des Handschreibens, also dem Fixieren fließender Gedanken in eigener Schrift. Und weil diese Art des schreiben Lernens, ein spezielles, ergonomisch und physiologisch durchdachtes und obendrein leicht zu erlernendes Alphabet erfordert, ist das Design der lateinische Schulschreibschrift so, wie es seit 1953 zur Verfügung steht: schnörkellos und leicht variierbar.
Die lateinische Schulschreibschrift ist als einziges Alphabet „dynamisch“, weil es im Gegensatz zu allen anderen Schriften, so konzipiert ist, dass es zum Verändern durch kleine Kinderhände geeignet ist. Alle anderen Alphabete sind „statisch“. Das heißt, sie taugen nicht für händisches Schreiben, geschweige denn zum Variieren. Die lateinische Schreibschrift ist also die Handschrift-Vorlage für jedermann – sprich: für jedes Kind. Sie ist eine „Ausgangsschrift“. Die Handschriften, die die Kinder davon ableiten, können der Vorlage nicht 1:1 entsprechen und sollen es auch nicht. Demzufolgekommt der Optik der persönlichen Kinderschrift eine besondere Rolle zu. Der Handschriftduktus, die „typische Handschrift“ der Kinder entsteht quasi selbsttätig aus der Harmonie heraus, sobald die Hirn-Hand-Bewegung und die Lesbarkeit übereinstimmen. Schreiben geht dann leicht von der Hand. Das ist das Ziel. Die lateinische Schreibschrift ist ein Medium, das den Menschen ermöglicht, die mental-manuelle Reflektions-Technik „Handschrift“ zu beherrschen und überall ausüben zu können.

Das bedeutet: praktizierter Handschrift-Erwerb ist DAS Zeichen pädagogischer Verantwortung.

Die Buchstaben der Schulalphabete Druck- bzw. Grundschrift und die der sogenannten Vereinfachten Ausgangsschrift, werden nicht in „einem Zug“ geschrieben und auch nicht verbunden, sondern aus senkrechten, diagonalen und runden Teilsegmenten gebildet und aus unverbundenen Einzelzeichen nach dem „Baukastensystem“ aneinandergereiht. Dies permanente Anheben und Absetzen des Stiftes führt zu Bewegungsunterbrechungen, die den Fließanspruch des Schreibens konterkarieren. Zu fließendem „Denkschreiben“ (im Sinne intellektueller Leistungsoptimierung) sind sie nicht geeignet.

So, wie die lateinische Schreibschrift immer ein Zeichen für Bildung und Fortschritt ist, so ist die Druck-bzw. „Grundschrift“ (gemäß der Freinet-Didaktik) das Zubehör einer kommunistisch-sozialistischen Ideologie für „Kinder der Unterdrückten“ aus den 1920er Jahren, mit dem Credo „Kindern das Wort geben – egal wie sie schreiben, ohne Regeln und ohne Vorschriften “.

Das daraus resultierende ersatzlose Streichen des Schreibunterrichts in der Grundschule vor über vier Jahrzehnten und der damit verbundene Verdrängungsprozess der lateinischen Schreibschrift, verursachten ein desaströses Bildungsdefizit: 14% (7,5 Millionen) erwerbstätige „funktionale“ Analphabeten in Deutschland! Mit steigender Tendenz. Der volkswirtschaftliche Schaden ist nicht abzusehen.
Deshalb ist die Wiedereinführung des Schreibunterrichts ab Klasse 1 und die Rückkehr zur lateinischen Schreibschrift aus wissenschaftlicher, bildungspolitischer und pädagogischer Sicht unbedingt erwünscht. Physiologen, Neurobiologen und Psychologen bestätigen dies und unterstützen diese Forderung.
Denn Denken – darin sind wir uns ja alle einig – Denken ist DIE pädagogische Grundlage der Schule und Schreiben ist die Königsklasse der Pädagogik.

Ich bin sicher, alle Grundschullehrerinen würden sehr gern und erfolgreich Handschrifterwerb unterrichten, gäbe es einen Lehrstuhl für Handschrift- und Rechtschreib-Didaktik.

 

Die Handschrift stirbt mit dem letzten Menschen. Vorher ganz bestimmt nicht.

Der ausführliche Text ist in Arbeit.

Kommentare nehmen wir dennoch gern entgegen

Bitte hören und sehen Sie zuvor das Gespräch auf YouTube

oder nur hören als

Podcast „Schreibgeflüster“ mit Claudia Sprinz

Lehren heißt Erklären! Besonders beim Schreiben lehren.

Wir folgen dem gesunden Menschenverstand und den Ausführungen des Neurobiologen Gerald Hüther

Interview zum Welttag des Briefschreibens 1.9.2022 für Fa. Hach „Schreiben mit der Hand ist Denken auf Papier“

 

HACH: Liebe Frau Dorendorff! Vielen Dank, dass Sie für uns Zeit haben und uns in die Welt der Schrift und des Schreibens entführen wollen. Wann haben Sie Ihren letzten handgeschriebenen Brief verfasst? Welches Schreibgerät haben Sie verwendet?

Susanne Dorendorff: Es war ein 26-seitiger Brief an Doris Dörrie. Ihr Buch Leben.Schreiben.Atmen (zum Thema kreatives Schreiben) hat mich inspiriert, sie darauf aufmerksam zu machen, dass das Alphabet nicht (wie sie in Talkshows gern behauptet) lediglich aus 26 Buchstaben besteht. Ein paar mehr sind es schon: 59 (für Deutsch im Spanischen ist es etwas anders).

Ich habe mit Füller geschrieben. Meine Tinten mixe ich selbst. Die Tinten an Dörrie war Lindgrün. Die Farbe der Tinte wirkt – ebenso wie der Duktus der Handschrift – suggestiv auf die unbewusste Empfindung des Lesenden. Hat also große Bedeutung. Denken Sie an das fiese Rot der Lehrerinnen! Die steckt dem meisten Schülern bis ins Greisenalter in den Knochen.

HACH: Handgeschriebene Zeilen werden immer seltener.

Susanne Dorendorff: Das sehe ich anders. Vor dem Computer gab es die Schreibmaschine, die machte damals genauso einen Wirbel wie der Computer. Das Schreiben mit der Hand stirbt aus. Kein bisschen! Die hirnrissig und nahezu ununterbrochene Tipperei auf Handytasten, inkl. angebotenen Silben und Wörtern sind kein Maßstab für den Vergleich viel mehr (tippen) versus viel weniger (schreiben).

HACH: Mittlerweile gibt es sogar Spracherkennung Assistenzsysteme, die das gesprochene Wort in Schriftzeichen übertragen. Immer weniger Menschen schreiben deshalb mit den Tasten, geschweige denn mit der Hand. Wird die Handschrift in den nächsten Jahrzehnten zum immer selteneren Kulturgut?

Susanne Dorendorff: Eine neue Technik beunruhigt die Menschen seit Menschengedenken, wie jetzt die Digitalisierung. Doch keine Angst, sie befruchten sich gegenseitig:

Beides heißt Schreiben. Und das ist auch gut so. Denn beide gehen nebeneinander her wie zwei Beine. Wir laufen schließlich auch auf zwei Beinen ins Ziel, und humpeln nicht auf nur einem über die Linie.

Handschrift und Tippen sind wie Yin & Yang, wie Forschung und Lehre: Die eine ist die Struktur, der andere ist der Mensch. Sie brauchen sich. Gegenseitig. Sie sind einander ein gigantischer Gewinn. Jeder, der sie beherrscht, weiß das.

Die Basis beider Schreibtechniken ist das Denken. Schreiben mit der Hand ist Denken auf Papier. Schreiben auf der Tastatur ist Denken digital.

Darum ist und bleibt der Wille des schreibenden Menschen das Maß aller Gedanken. Sagen wir mal so: Du gehörst zu denen, die eine eigene Handschrift haben. In allem. Du lässt dich nicht täuschen, du lässt dir nicht reinreden. Du schreibst mit der Hand. Der Politik zum Trotz, die das Handschreiben seit fünfzig Jahren torpediert. Du schreibst weiter. Du bist autark. Du besitzt einen Schrank voller Notizbücher. Du gehörst zu den Scharfsinnigen, den Kreativen, den Zukunftsfähigen. Du bist der Mensch, der die Technik beherrscht und nutzt. Du erkennst in deiner Handschrift dich selbst, deine Gefühle, deine Leistung und deinen Erfolg.

Mit deiner Handschrift bist du dir nah. Jeden Tag.

HACH: Auch wenn es im Berufsleben immer digitaler wird, viele Karriereratgeber betonen die Wichtigkeit einer guten Handschrift. Kann die Handschrift wirklich etwas über die Persönlichkeitsstruktur, über Charisma und beruflichen Erfolg aussagen?

Susanne Dorendorff: Tatsächlich fürchten viele Menschen (jeden Bildungsstands) genau DAS: die Handschrift verrät meinen (schlechten) Charakter! Das ist Quatsch.

Handschriftliches kann Ausdruck der Persönlichkeit des Schreibenden sein. Aber der Duktus der Handschrift wird lediglich subjektiv, also angenehm oder unangenehm empfunden werden. Mehr nicht. Wissenschaftliches Erforschen ist hier wohl angebracht.

Handschrift entsteht durch spontane Bewegungen, die weder kalkulierbar, noch analysefähig sind. Es sind emotionale Reaktionen, die sich nicht voraussagen lassen, weil sie intuitiv ablaufen. Sie bilden also keine feststehende oder unveränderbare Größe. Das einzig Zuverlässige an der Charakterlichkeit des Menschen ist seine Unberechenbarkeit, seine Spontaneität, also seine unergründliche Wandelbarkeit.

Kein zuverlässiger Mensch ist immer zuverlässig, und kein Pionier ist durchgehend mutig. Gefühlsbetonte Handlungen kann man nicht als vorhanden und immerwährend bezeichnen oder sie sogar als zuverlässig eintreffende Impulse erwarten, denn sie sind so launenhaft wie die Stimmungen der Menschen selbst.

Ausdruck und Eindruck sind subjektive Empfindungen und keine Voraussetzung für belastbare Charakterstudien.

HACH: Beraten und trainieren Sie auch zum Thema Karriereplanung durch eine gute Handschrift?

Susanne Dorendorff: Eine charismatische Handschrift ist ein international anerkanntes Statussymbol.

HACH: Nach wie vor lernen deutsche Grundschüler das Schreiben erst mit dem Bleistift, dann mit dem Füllfederhalter. In anderen Ländern öffnet ein Kugelschreiber die Tür in die Welt der Handschrift. Ist das Schreibgerät wirklich so entscheidend, ob gerne und leserlich geschrieben wird?

Susanne Dorendorff: Kein Schreibgerät „öffnet kleinen Kindern die Welt der Handschrift“! Ausschlaggebend für die Freude am Schreiben ist allein, dass Stiftführung, Buchstaben und die Schreibbewegung erklärt werden … Die „Welt der Handschrift“ ist in Deutschland immer noch ein Rätsel. Kugelschreiber gehören nicht in Kinderhände. Für Anfänger ist der Bleistift gut geeignet, weil sie damit nach Herzenslust aufdrücken können, bis sie gelernt haben, dass die Buchstaben davon nicht besser werden. 😉

HACH: In Ihrer Kunst bringen Sie die Buchstaben zum Sprechen. Dabei haben Sie den Begriff visuelle Poetik geprägt. Schreiben transportiert dabei nicht nur reine Informationen, sondern auch Gefühle.

Susanne Dorendorff: Meine Schreibkunst ist dem japanischen Sho-do verwandt. Schreiben (am besten mit Pinsel) ist kunstfähig, weil die authentische Schreibbewegung die Ausdruckskraft des Menschen so stark transportieren kann, dass der Ausdruck seine eigene, künstlerische „Sprache“ entfaltet. Dann sagt man, dass das Geschriebene „spricht“. Diese Art zu Schreiben erfordert ein langes, ausdauernde Studium.

HACH: Gleichzeitig gibt es eine Revolution zum Thema Handlettering und Schönschrift.

Aber wo grenzt sich Handlettering von Schönschrift für Sie ab?

 Susanne Dorendorff: Nicht nur für mich – für Alle: Schrift und Schreiben sind zweierlei.

Schrift (Typografie, Satzschrift, Kalligrafie) ist eine grafische Norm, ein Formenkanon (Ursprung ist die RÖMISCHE CAPITALIS [nur Großbuchstaben] – das lateinische Alphabet) auf den wir uns vor 2.000 Jahren (kulturell) geeinigt haben.

Schreiben mit der Hand ist ein psycho-physiologischer Vorgang, an dem mehr als alle Sinne beteiligt sind. Schreiben ist eine authentische, spontane, intuitive, höchst emotionale und flexible, vom Unterbewusstsein gesteuerte Bewegung, die variiert. Seine Buchstaben sind untereinander nicht identisch.

Handlettering und Kalligrafie (Buchstabenmalen und Schönschreiben) haben nichts, gar nichts – zumeist nicht einmal buchstäblich das geringste mit Handschrift gemein – was die 5 Haupteigenschaften der Handschrift ganz einfach belegen: Authentizität, Spontaneität, Intuition, Emotionalität und Asymmetrie (kurz: ASIEA) Handlettering und Kalligrafie verfügen über keine dieser Eigenschaften – im Gegenteil,  beide Kategorien sind zwar buchstabenbasiert, werden jedoch konzipiert (vorgezeichnet) und transportieren grundsätzlich nicht die spontanen Gedanken des Zeichnenden, sondern Sprüche oder Zitate, sie dienen ausschließlich dekorativen Zwecken.

HACH: Liebe Frau Dorendorff! Wir bedanken uns sehr herzlich für Ihre Gedanken und wirklich interessanten Einwürfe zu diesem Thema Schreiben und Schrift. Für Ihr neues Projekt TIETUS wünschen wir Ihnen von Herzen sehr viel Erfolg!

Die Big Five des Schreibens bestimmen seinen Charakter. Darum kann keine Handschrift Kalligrafie sein – und umgekehrt.

Seit ich die BIG FIVE A.S.I.E.A, = A-authentisch, S-spontan, I-intuitiv, E-emotional, A-asymmetrisch< als die fünf Exklusiv-Eigenschaften der Handschrift entschlüsselt habe, ist der Weg frei für ein neues Kunstformat. Erst die Kenntnis der spezifischen Schreib-Charakteristika erschließt die Fähigkeit, Schreiben als einen hochkomplexen emotionalen Vorgang zu erfassen und künstlerisch anzuwenden. Keine dieser Eigenschaften zeichnen die Kalligrafie (Schönschrift) aus. Das bedeutet: wo Schönschreiben ist, ist keine Handschrift – sie schließen sich also gegenseitig aus. Handschrift und Kalligrafie sind Antipoden (Gegenspieler): „Wo der eine ist kann der andere nicht sein!“.

Video: Die „Big Five“ der Handschriften bestimmen ihren Charakter